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Aus der Gemeinde und Pfarre Kammern

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Die Frau von Scheuchenstuhl

Diese Frau war eine bekannte und originelle Persönlichkeit, die um die Mitte des vorigen Jahrhunderts in Kammern lebte. Das Haus gleichen Namens war vor dem Brande das angesehenste, es war eine große Realität und ein Einkehrgasthaus. Als solches trug es noch den Mantel jener gewissen, schwerfälligen Wohlhabenheit, wie man sie noch als ein Überbleibsel der „guten alten Zeit“ (Bemerkung aus dem Jahre 1880) an den Häusern dieses Genres an der Salzstraße sah.

Eine kleine Stiege führte von außen hinein durch die finstere Haustüre, von den winkeligen Gängen und Stiegen in die verschiedenen Stuben, Räumlichkeiten, Fremdenzimmer, Prunkgemächer und auch in das große Gastzimmer im Untergeschoss. In demselben war noch über einem Tische das Fuhrmannssymbol aufgehängt zu sehen.

Der „alte“ Herr von Scheuchenstuhl trug noch ganz altsteirische Tracht, kurze lederne Hose, grüne Strümpfe und sein „standesmäßiges“ grünes Samtkäppchen. Er war übrigens ein ziemlich brummiger, griesgrämiger Geselle, wenigstens in den letzten Jahren vor seinem Tode, der ihn geraume Zeit vor dem Brande (1874) ereilte.

Hierauf führte seine Ehegattin die Wirtschaft des großen Hauses weiter, und wer je in die Gegend kam, betrat in der Regel auch dieses Haus und behielt die Hausfrau in gutem Andenken.

Ihre äußere Erscheinung war just nicht von besonderem Liebreiz: Auf dem kleinen gedrungenem Körper saß ein Kopf mit kurzem Halse und einem Froschgesicht, welches zudem durch die etwas zu starke Unterlippe und einige Warzen nicht gerade verschönt wurde, sowie auch ihre näselnde, zuweilen schnarrende Aussprache nicht sehr sympathisch wirkte.

Aber in diesem unförmigen Leibe wohnte ein biederes Gemüt von altsteirischem Schrott und Korn, ein gutes christliches Herz, welches der Armen nie vergaß, ein gewisser umsichtiger Sinn, der häufig einen gewissen feinen Takt bekundete und ein unverwüstlicher Humor. Übrigens lag doch auch eine gewisse Würde in der äußeren Erscheinung des guten Weibes.

Der Schalk saß ihr immer im Genick, zu Schalkereien war sie auch als betagte Frau immer aufgelegt und es war niemand sicher, wenn sie auch noch so ernsthaft dreinschaute, ob nicht bereits eine Mine gelegt war, die bald losgehen sollte. Hatte es schon zu Lebzeiten ihres Mannes allerlei tolle Narrenpossen abgegeben (so z. B. wenn Gewerksbesitzer Messner von Rottenmann, ein Freund des Hauses, nächtlicher Weise vorbeifuhr, die Fenster einschlug und dann des anderen Tages den Glaserer von Mautern herabschickte), so wurden dieselben durch sie treulich fortgesetzt und in verschiedenen Variationen bald dort, bald da angebracht.

Einmal ließ sie dem Schulmeister die Erdäpfel heimlich bei der Nacht ausgraben, um sie dann, als er sich genug geärgert hatte, wieder per Post zurückzuschicken. Ein anderesmal verehrte sie einem guten Bekannten einen Laib Kletzenbrot, dessen Teig aber mit bitterem Enzian abgemacht war, oder eine reizende Bratwurst, welche mit Sägespänen gefüllt war. War ihr der Witz gelungen, dann konnte sie kräftig lachen, und kam bei ihr vom Herzen.

Als Objekt für ihre Späße diente ihr besonders häufig der Lehrer, der die Marotte hatte, ein „interessanter“ Mensch sein zu wollen, d. h. er bildete sich ein, stets im Besitze der neuesten Neuigkeiten zu sein, die aber mitunter bedenklich „entenartiger“ oder antiquarischer Natur waren. So hielt sie ihm öfter Zeitungen mit verschiedensten Neuigkeiten unter die Nase, die dieser verbreitete, bis sie ihn aufklärte, dass das Datum der Zeitung zwar richtig sei, aber nicht das Jahr. Dafür bereite sie ihm aber wieder sein Lieblingsessen, ein "Gschnartl", welches sie ihm einmal sogar in die Kirche zur Orgel nachbrachte.