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Aus der Gemeinde und Pfarre Kammern

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Ein Haus der „Freude“

Erzählt nach dem Bericht „Kleine Kulturbilder“ in der Pfarrchronik


Am Ortseingang von Kammern, am Fuße des Kalvarienberges stand im vorigen Jahrhundert lange Zeit eine Ruine, die nicht viel über die Erdoberfläche emporragte, und die mit Brettern nur ganz lose zugedeckt war. Es war zuvor ein Haus wie die anderen im Orte auch gewesen, bis es eines Tages ohne ersichtlichen Grund niederbrannte. Die Versicherungen konnten den Bewohnern keine Brandstiftung nachweisen. Merkwürdig und eigenartig blieb das Verhalten der Eigentümer doch, sie hatten nämlich Tage vor dem Brande Einrichtungsgegenstände „in Sicherheit“ gebracht.

In den Kellerräumen dieses Hauses richtete sich nun die Hausfrau, die „Donna“ mit ihren Töchtern ein romantisches Heim. Die Bewohnerinnen waren in ihrem Äußeren ihrem Heim ziemlich ähnlich, ihr Gesicht war von gelblicher Farbe und vom Laster gezeichnet.

Dieses „Haus“ war nun für so manchen Wanderer eine willkommene Stätte der Einkehr und man brachte dem „Bacchus und der Venus“ Opfer dar. Die „Donna“ soll dabei ganz aparte und tolerante Ideen gehabt haben. Die Töchter des Hauses waren Taglöhnerinnen und Wäscherinnen, aber im besonderen „sehr verwendbare“ Persönlichkeiten, gerade wie man sie brauchte.

Zu diesem Hause wandten sich aber nicht nur einfache Leute um ein Nachtquartier, auch wohlsituierte Herren kehrten in diesem Hause ein. Diesen Gästen widmeten die Damen des Hauses ihre ganz besondere Aufmerksamkeit, insbesondere dadurch, dass sie deren Geldtaschen in sicheres Gewahrsam brachten, sie dort hinterlegten. Leider hatten die Plätze magische Eigenschaften, da die dorthin gebrachten Gegenstände wie von Zauberhand unsichtbar wurden und es für immer blieben. Machen Besuchern soll die Brieftasche auch während des Schlafes herausgefallen sein. Kurz gesagt, der Ort war nicht ganz geheuer. Spät in der Nacht sah man häufig einen hellen Lichtschein, hörte man ein geheimnisvolles Geflüster, es mochte dort wohl „umgehen“.

Oft gab es auch Auseinandersetzungen der „Damen“ mit der Außenwelt, die Idylle der „Gaststätte“ wurde dann jäh unterbrochen. Besonders wenn ihr Vetter, der oberhalb des Kalvarienberges wohnte, dort weilte und einen Streit vom Zaune brach. Vor allem in Erbschaftsangelegenheiten stritten sie wie die Mäuse um ein „Speckschwärtlein“.  Kleine Ursachen - große Wirkungen. So ging man dabei von kleinen Plänkeleien über gewaltvolle Entladungen des „Gesichtsschlundes“ bis zur altüblichen Taktik des Handgemenges über. Meist trat der „Vetter“ daraufhin um einige Blessuren reicher und einige Härchen ärmer den Rückzug an.

Wehe dem, der die Damen zu einem Bombardement mit den Zungen veranlasste. Darin waren sie wahre Meisterinnen. Das verschaffte ihnen gehörigen „Respekt“ und jedermann hütete sich mit ihnen anzubinden.

Es zeigten sich aber auch wieder friedliche, ruhige Tage. Da konnte man dann die eine oder andere dieser „Höllennymphen“ in einer kleinen malerischen Grotte sitzen sehen, welche sich oberhalb der Ruine im Gestein befand. Wie sie die Nadel schwang, schien so anmutig, dass sich ein Vergleich mit der „Lorelei“ am Felsen des Rheinufers aufdrängte. Die Mutter rundete dieses Bild ab, wenn sie klein, gebückt, wachsgelb im Gesicht, tabakschnupfend, schielend und aus den Augen einen fuchsähnlichen Schimmer ausstrahlend umhereilte.

Nach dem Brande von Kammern verschwand diese Familie.